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„Raucherfinger“

Autor:

Arno Boss

Mörikestr. 15

72461 Albstadt – Onstmettingen

Tel. 07432-22689

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Eine Frau, wir nennen sie „Bruni“, sieht, dass ihr Nachbar, wir nennen ihn „Karl“, auf der anderen Straßenseite vor seinem Haus herumläuft und sich den Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand mit der linken Hand festhält. Da denkt sie sich noch nichts dabei. Am zweiten Tag denkt sie, „Habe ich nun richtig gesehen? Er hält sich nur die Finger der rechten Hand.“

Als sie das nun am dritten Tag wieder sieht, fragt sie ihn direkt: „Karl, hast du dich denn auf die Finger geschlagen?“

Da sagt Karl ganz niedergeschlagen: „Nein, ich habe Raucherfinger. In drei 3 Wochen werden die Finger amputiert!“ – Die Finger waren blau, schmerzhaft, unbeweglich und gefühllos. –

Bruni antwortet: „0ha! [schwäbisch, auf Hochdeutsch heißt das „Halt!“] Auch die Preußen schießen nicht so schnell. Ich rufe jetzt den Arno an und wenn der Zeit hat, gehst du zu ihm."

„Geht nicht“, sagt Karl. „Wir fliegen morgen für eine Woche nach Malta. Wenn ich wieder zurück bin, kann ich das machen.“ „Und sonst noch was“, fährt Bruni ihn im Befehlston an. „Ich rufe jetzt an, und wenn Arno heute Zeit hat, gehst du heute zu ihm und morgen fliegst du nach Malta und wenn du zurückkommst sehen wir weiter.“

Also kommt der Karl zu mir. Auf meine Frage, ob er einmal einen Unfall mit Schleudertrauma gehabt hätte, antwortet er zögernd: „Mit dem Auto nein, aber auf einer Baustelle.“ Bei einem Hausrohbau war er in einen Aufzugschacht, zwar nicht 20 Meter, aber immerhin etwa 1,20 m tief gefallen, dorthin wo die Stahlseile über ein Räderwerk laufen. Er war zwischen Kopf und Schulter aufgeschlagen und hatte immer noch Schmerzen dort (C 7, Th 1 + 2).

Ich habe ihn vorsichtig bearbeitet. Karl hat noch ein Buch von Dr. Graulich mitgenommen und danach ist er nach Malta abgerauscht.

Wieder zurück ruft er mich an und fragt, ob er am nächsten Tag kommen dürfe? Zuerst erkundige ich natürlich, wie es ihm geht. Er sagt: „Besser.“

„Aber weshalb wollen Sie erst am nächsten Tag kommen? Ich denke da sollte man dran bleiben!“ Karl antwortet, er hätte etwas anderes vor.

„Nun gut“, sage ich, „es sind ihre Finger.“

Als Karl am anderen Tag kommt, mochte ich schon gerne wissen, was denn noch dringender war als seine Finger. Er berichtet, er sei beim Arzt gewesen und hätte dem erzählt, dass er sich im Urlaub intensiv mit dem Buch von Dr. Graulich beschäftigt habe. Jetzt frage er sich, ob es sein könne, dass der Unfall der Auslöser für seine Fingerproblem sei. Darauf hatte der Arzt erwidert: „Ausgeschlossen! In 14 Tagen kommen die Finger weg.“

Ich frage Karl: „Ja und um das den Arzt zu fragen haben Sie den ganzen Tag gebraucht?“ – „Nein“, sagt Karl, „Ich habe noch mein Garagentor gestrichen.“ Nun, er ist Rechtshänder, und seine Finger waren doch blau, schmerzend, unbeweglich und gefühllos gewesen – !?

Beim Kongress in Memmingen – ich habe dort als Therapeut gearbeitet – erzählte ich diese Geschichte in einer Pause Dr. Graulich. Dieser hörte mir lächelnd zu und sagte dann: „Arno, du hast dem Mann die Finger gerettet, und wenn man diese amputiert hätte, dann wären Phantomschmerzen da geblieben. Die Ursache der Beschwerden war ja nicht in den Fingern, sondern dort wo er sich in dem Aufzugschacht verletzt hatte.“

Von Karl direkt habe ich nichts mehr gehört. Aber, wie mir seine Schwiegermutter einmal gesagt hat, ist er als Postbeamter in einem größeren Postamt tätig und hat ca. 120 Zusteller unter sich. Natürlich muss er viel schreiben.

Die Finger hat er noch. Leider raucht er noch oder wieder.

Ich habe versucht, sein Wohlbefinden zu steigern. Möglich, dass es mir gelungen ist.